Im Rahmen eines Forschungsvorhabens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat Enerchange im Zeitraum von 2011 bis 2013 untersucht, wie die Öffentlichkeitsarbeit von Projektbetreibern in Deutschland zu bewerten ist, welche Erkenntnisse man aus der Analyse ziehen kann und wie diese zur Verbesserung der PR und damit der Akzeptanz von Geothermieprojekten beitragen können. Der im Anschluss veröffentlichte Leitfaden bildet gewissermaßen das Fazit dieser Untersuchungen und verdichtet die Erkenntnisse zu praxisnahen Empfehlungen für eine wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit speziell für Geothermieprojekte. Hier können Sie die Broschüre kostenlos downloaden.
Analyse zeigt Optimierungspotenzial in der Öffentlichkeitsarbeit
In der Gesamtschau der Analysephase zeigte sich, dass die Öffentlichkeitsarbeit bei allen Projektbetreibern zwar in den vergangenen Jahren ausgebaut wurde, aber überall noch optimiert werden kann. Festzustellen ist zum Beispiel, dass es bislang häufig an konzeptionellen Überlegungen zur PR mangelt und so eine vorausschauende Öffentlichkeitsarbeit kaum möglich ist. Statt selbst initiativ Themen zu besetzen, wird oft nur reagiert. Der öffentliche Raum bleibt dadurch oft unbesetzt, was es in konfliktreichen Situationen schwierig macht, mit der eigenen Deutung von Ereignissen ausreichend Gehör zu finden.
Zudem gibt es die Tendenz, sich zu sehr den Gegnern von Projekten zu widmen, statt die Befürworter sichtbar zu machen und die neutral eingestellten Bevölkerungsgruppen für sich zu gewinnen. In diesem Zusammenhang wird oft versäumt, Bündnispartner aus Verbänden, Vereinen und anderen Institutionen der Zivilgesellschaft, die als Multiplikatoren fungieren, einzubinden. Möglicherweise ist dem so, weil Kommunikation allzu häufig noch immer nicht als Bringschuld verstanden wird.
PR-Leitfaden bietet praxisnahe Unterstützung für Betreiber von Geothermieprojekten
Der Leitfaden will hier Abhilfe schaffen – zum einen, indem er mit Hintergrundinformationen das Verständnis für gut gemachte Öffentlichkeitsarbeit schärft, zum anderen, indem er auf geothermiespezifische Fragestellungen eingeht und hier Empfehlungen, Praxisbeispiele und Checklisten an die Hand gibt. Nicht zuletzt bietet ein PR-Check am Ende des Leitfadens eine einfache und schnelle Möglichkeit, die eigene Öffentlichkeitsarbeit einzuschätzen und abzuklären, wo eventuell noch Verbesserungsbedarf besteht.
Unterteilt ist das knapp 80 Seiten starke Kompendium in sechs Kapitel, beginnend mit dem Abschnitt: „Erfolgsfaktoren für die Akzeptanz von Geothermieprojekten“, in dem überblicksartig die wesentlichen Fragestellungen vorgestellt und diskutiert werden, die bei der Öffentlichkeitsarbeit für eine häufig als Risiko wahrgenommene Technologie wichtig sind. Hier wird unter anderem auf die Beziehung zur Bevölkerung eingegangen, die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung, Nutzenargumente und die strategisch-analytische Ausrichtung der PR. Die Bedeutung der verschiedenen Themen in der Praxis wird mit Praxisbeispielen aus der Analysephase des Projekts illustriert.
Entwicklung eines PR-Konzepts
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der PR-Konzeption. Warum überhaupt sollte man sich genau umschauen und eine Strategie entwickeln, statt einfach drauf los zu kommunizieren? Weil immer dann, wenn Interessengegensätze und Konflikte eine Rolle spielen, es darum geht, die Unternehmenspolitik und Kommunikation in einen Handlungsspielraum einzupassen, den die öffentliche und veröffentlichte Meinung zulässt. Deshalb steht am Anfang eines jeden PR-Konzepts eine ausführliche Situationsanalyse, aus der sich die Strategie und schließlich die Maßnahmen – direkt und oft auch zwingend – ableiten.
In diesem Sinne liefert ein PR-Konzept eine spezifische Lösung für eine spezifische Kommunikationssituation. Es zeigt konkrete Handlungsoptionen auf, minimiert Risiken und bereitet Entscheidungsprozesse vor. Das Kapitel stellt die zehn Schritte eines Konzeptionsprozesses vor und beinhaltet einen Exkurs, wie man bei einem neuen, noch nicht bekannten Projekt bei der Recherche zur Situationsanalyse vorgehen sollte. Beispiele dafür, wie Ziele aussehen können, welche Positionierung des Betreibers am Ende stehen könnte sowie zahlreiche Checklisten runden das Kapitel ab.
Zentrale Voraussetzung: die Zielgruppenanalyse
Ein zentraler Teil der strategischen Ausrichtung von PR-Maßnahmen ist die Analyse der Zielgruppen. Deshalb wurde dieser Thematik ein eigenes Kapitel gewidmet. Sie werden aus der Gesamtmenge der so genannten Bezugsgruppen ausgewählt, mit denen ein Projektbetreiber – gewollt oder nicht – in Verbindung steht. Für jedes Ziel und jede Maßnahme muss festgelegt werden, welche Personengruppen relevant sind. Zielgruppen können zum Beispiel die direkten Anwohner des Projektstandorts, Lokalpolitiker, die gesamte Bevölkerung der Gemeinde oder die Medien sein – manche davon sind nur Empfänger, manche auch Mittler, da sie qua Funktion die Botschaften weiter transportieren. Einige der für die Akzeptanz von Geothermie-Projekten besonders relevanten Zielgruppen werden genauer beleuchtet und ihre Bedeutung und Rolle eingeordnet.
Kommunikationsmaßnahmen: allgemein und spezifisch
Jedes Geothermieprojekt ist einzigartig. Das gilt sowohl für die geologischen Gegebenheiten und technischen Notwendigkeiten als auch für die sozio-demografischen Voraussetzungen. Deshalb kann es keinen immer gleichen und richtigen Maßnahmenkatalog geben, mit dem ein Projekt bekannt gemacht und positioniert werden kann. Nichtsdestotrotz gibt es Maßnahmen, die zumindest meistens gute Dienste in der Kommunikationsarbeit leisten und deshalb Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit sein sollten – sei es eine Webseite zum Projekt, ein Informationsflyer, eine aktive Pressearbeit oder die direkten Kontaktmöglichkeiten mit der Bevölkerung; natürlich immer angepasst auf die örtlichen Gegebenheiten.
Das vierte Kapitel widmet sich diesen „allgemeingültigen“ Maßnahmen und diskutiert sie entlang der konkreten Fragestellungen, die sich für einen Projektinitiator oder –betreiber im Bereich Geothermie stellen. Einen Schwerpunkt des Kapitels bilden Maßnahmen, die zur Bekanntmachung eines bislang unbekannten Projekts zur Anwendung kommen können. Wie die Erfahrung zeigt, tun sich Projektinitiatoren gerade beim ersten Schritt in die Öffentlichkeit schwer. Sie fragen sich nicht nur, welche Maßnahmen geeignet sein können, sondern vor allem auch, wie deren zeitlichen Abfolge aussehen könnte. Auch diesem Bedürfnis trägt das Kapitel Rechnung.
Bevölkerungsbeteiligung im Dialogprozess
Zumindest im Oberrheingraben werden Geothermieprojekte auf absehbare Zeit nicht ohne eine Beteiligung der Bevölkerung durchsetzbar sein. In einem Gastbeitrag der Stiftung Risiko-Dialog St. Gallen, der das fünfte Kapitel bildet, wird darauf eingegangen, welche Möglichkeiten und Nutzen die Partizipation bei Geothermieprojekten hat. Die Autoren Matthias Holenstein und Dr. Lasse Wallquist gehen dabei darauf ein, welche Stufen der Beteiligung es gibt, wie ein mehrstufiger Dialogprozess konkret aussehen kann und welche Erfolgsfaktoren zu beachten sind.
Sie warnen allerdings davor, Dialogprozesse nur pro forma anzustoßen. „Partizipation in Tiefengeothermieprojekten darf nicht als Akzeptanzbeschaffungsmaschine verstanden werden. Propaganda-Dialoge, bzw. Dialoge zu Marketingzwecken werden rasch durchschaut“, schreiben Holenstein und Wallquist in ihrem Beitrag. „Vielmehr sollen sie von der ehrlichen Motivation getragen sein, aufeinander zuzugehen, die Bedürfnisse und Bedenken ernst zu nehmen und im Projekt zu berücksichtigen.“
PR-Check
Den Abschluss des Leitfadens bildet ein PR-Check. Er bietet einen ersten Eindruck, wo man mit seinen Kommunikationsaktivitäten steht und gibt Hinweise, in welchen Bereichen eventuell Handlungsbedarf besteht. Hierfür wurde auf Basis der Projektanalysen und Erkenntnisse aus der ersten Phase des Forschungsprojekts ein anderthalb-seitiger Fragebogen entwickelt und die Antworten mit Punkten gewichtet. Auswahl und die Gewichtung der abgefragten Aspekte beruhen dabei nicht auf wissenschaftlichen Kriterien sondern auf den Erfahrungen, die im Rahmen des Forschungsprojekts sowie ergänzend aus der täglichen Praxis einer PR-Agentur gewonnen wurden.
Den Leitfaden können Sie hier herunterladen.
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